Es erscheint in der Tat erstaunlich, wie schnell manche Praxis in Vergessenheit gerät, die sich in Jahrzehnten entwickelt hatte und mit der man gute Erfahrungen machen konnte. Gerade bei den Fensterkonstruktionen fällt dies auf. Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es eine Menge von Neuheiten. Im Rahmen von Seminarveranstaltungen führt Bauunternehmer Heiko Brunzel interessierte Teilnehmer, Bauherren, Unternehmer, Bauentschlossene und Mitarbeiter in die Welt der Möglichkeiten der Auswahl von Fenster und Türen für Neubauten sowie Modernisierungen ein.
Fenster und Türen sind das Gesicht eines Gebäudes und neben der Funktionalität spielt der energetische Nutzen heute eine besonders wichtige Rolle.
Übliche Fensterfunktionen – diese Möglichkeiten gibt es:
Drehflügelfenster, Kippfenster, Drehkippfenster, Schiebefenster, Einfachfenster, Verbundfenster, Kastenfenster
Über die Öffnungsarten und Funktionen sollte im Besonderen nachgedacht werden, denn so kann möglicherweise eine Flügeltür sinnvoller als eine Schiebetür sein. Aufgrund ihrer vielfältigen Funktionsmöglichkeiten ist die Entstehung von Schwachstellen beziehungsweise Wärmebrücken schon bei guter Überlegung zu vermeiden. Wichtig ist auch die Dichtigkeit des Rahmens, sowohl hinsichtlich Luftdichtigkeit als auch wegen der Schlagregendichtigkeit.
Unsere Vorfahren öffneten die Fenster zum Lüften!
Einen Blick zurück, wer kann sich daran noch erinnern: Fenster wurden zum Lüften weit geöffnet. Weil damals der Luftzug gelegentlich einen Fensterflügel zu und die Scheiben in Scherben schlug, wurden Sturmhaken benutzt. Am Fensterstock angeschraubt, steckte man den Haken am geöffneten Flügel in eine Öse, und damit stand der Flügel fest. Selbst bei Sturm; daher der Name. Diese billigen und umständlichen Haken löste ein Bremsbeschlag ab mit einer Bremskupplung am Stock und einem Hebel am Flügel. Solange die Reibung an den Kupplungsscheiben mit der Stellschraube richtig eingestellt war, konnte man den schwerer gehenden Flügel in fast jeder Stellung dem Wind überlassen, ohne dass er sich weiter bewegt hätte. Ehe sich diese teurere, aber bequemere Lösung allgemein durchsetzen konnte, kamen die ersten, noch sehr einfachen Kippbeschläge auf.
Damit wurden Sturmhaken, Flügelbremsen und viele andere Erfindungen mit ähnlichem Zweck überflüssig. Die gekippten Fensterflügel boten Dauerlüftung, und mit dem Wind gab es keinerlei Probleme mehr. Selbst der stärkste Sturm vermochte den Kippflügel höchstens zuzuklappen; anhaben konnte er ihm nichts.
Dann kam die Energiesparzeit:
Als alle miteinander schon gar nicht mehr lüften sollten, aus Energiespargründen, standen Millionen von Flügeln immer noch ganzjährig in Kippstellung. Weil mit Fensterflügeln in Kippstellung Räume zwar mächtig ausgekühlt, aber nur mäßig gelüftet werden, könnte man vernünftigerweise auf den Kippbeschlag verzichten; dann aber bräuchte man wieder den Sturmhaken oder die Flügelbremse!
Nichtsdestotrotz werden Kastenfenster als altmodisch und zu teuer verunglimpft. Denkmalschützer wurden in den 90zigern beschimpft, sie würden Mieter „frieren lassen“, weil sie auf der alten Fensterform in einem denkmalgeschützten Haus bestanden. Die Mieter hatten den Streit angezettelt. Wie die Mehrheit der Bevölkerung wollten sie, irregeführt von einer geschickten Werbung, die vermeintlich besseren Isolierfenster haben. Auch noch mit Plastikrahmen, versteht sich, weil die „immer sauber bleiben und nie gestrichen werden müssen“! Doch bei Modernisierungen wird im Bestand meistens darauf geachtet, dass der Fensterrahmen auch optimal in die umgebende Bausubstanz eingefügt wird, auch was das Material betrifft.
Eine rege Diskussion schloss der Veranstaltung an und weitere Geschichten rund um Fenster wurden ausgetauscht und diskutiert. Eine Fortsetzung der Veröffentlichung ist geplant.
V.i.S.d.P.:
Heiko Brunzel
Bauunternehmer